Unmöglichkeit von Undenkbarem und Unlogischem


Manche Mensche meinen, dass möglicherweise auch Undenkbares real möglich sein kann: Etwas undenkbares wäre dann etwas, dass nicht verstandsmäßig fassbar bzw. verstehbar ist, etwas, das allenfalls mittels Variablen - bzw. Blackbox - ausdrückbar ist.

In einem Bereich, in dem wir nur mit Variablen arbeiten, aber das beschriebene Objekt oder einen Vorgang nicht darstellen und nachvollziehbar mit Worten beschreiben können, wenn wir also die Variablen nicht mit einer praktischen Vorstellung füllen können, ist stets unsere Vorstellung als Erklärung unvollständig oder falsch. Das ergibt sich bereits aus der Denklogik.

Wir haben in diesen Bereichen ein Problem, uns vorzustellen, was wir vor uns haben. Das kann verschiedene Ursachen haben, etwa unvollständiges Wissen, Nichtexistenz des betracheten Vorgangs oder eine fehlerhafte Vorstellung von dem Vorgang oder auch eine Kombination dieser Punkte. Ein Musterbeispiel für Nichtvorstellbarkeit ist physikalische Unendlichkeit als solche. Die räumliche Unendlichkeit ist nicht vorstellbar, die potentielle Unbegrenztheit der Ausdehnung schon. Letztere ist ebenso vorstellbar, wie man sich vorstellen kann, einen kleinen Bereich immer weiter und weiter zu vergrößern. Das ist aber etwas anderes. Ebenso ist eine unendlich lange gerade nicht geschlosssene Kausalkette unvorstellbar.

Wir haben in unserer Denkstruktur einen Mechanismus, der uns unsere Umwelt danach beurteilen lässt, ob etwas vorstellbar ist und somit realisierbar ist. Wir können im Kopf ein Modell erstellen, einen Plan, der dann prinzipiell umsetzbar ist - ob wir das können oder nicht. Wenn wir diese Unterscheidungsfähigkeit nicht hätten, könnten wir nicht planen, wir wären aber wohl auch jeder Lüge und jedem Märchen hoffnungslos aufgesessen.

Ich meine, dass die Ausgangsfrage aus einem geschlosssenen System heraus grundsätzlich nicht mit Erfahrungswerten absolut sicher bewiesen werden kann – und unsere Welt ist ein solches System. Es verhält sich hier ebenso wie mit dem Männchen auf dem Karambolagetisch (erwähnt unter dem Punkt Kausalität, es geht im Grunde um die selbe Problematik).

Ich will aber kurz erklären, warum ich in diesem Zusammenhang mit der Behauptung, dass auch grundsätzlich Unverstehbares Bestandteil der Realität sein kann, von Wissenschaftssabotage spreche: Der Beliebigkeit wird damit nämlich Tür und Tor geöffnet.

Nehmen wir als Beispiel die Evolutionstheorie. Die Anhänger des fliegenden Spaghettimonsters mögen es mir nachsehen, wenn ich das jetzt falsch darstelle: Die Theorie, dass irgendein Wesen das Universum erst vor 5 Jahren erschaffen hat und es genau so gemacht hat, dass es so aussieht, als sei es schon Milliarden von Jahren da - wie soll man dagegen argumentieren, dass schlicht alles irgendwie möglich sein kann, auch dann, wenn es unserer Logik nicht zugänglich ist?

Was logisch beschreibbar ist, ist auch stets vorstellbar. Umgekehrt lässt sich auch sagen, dass nur das als vollständige Beschreibung eines realen Sachverhalts nicht vorstellbar ist, was logisch mangelhaft ist.


Jedenfalls kann man mit der Annahme von Undenkbarem als möglich nicht mit Logik gegen eine unlogische Theorie argumentieren. Die Unlogik einer Theorie kann dann nicht mehr als Argument dafür herhalten, dass eine Theorie falsch ist, wenn man Undenkbares grundsätzlich für möglich hält. Man kann neben jedes Naturgesetz irgendeine Quatscherklärung stellen, die dann als gleichwertig zu gelten hat oder aufgrund bestimmter Regeln sogar noch vorrangig wäre. Eine nicht an die Logik gebundene Theorie wäre auch nicht mehr gehalten, irgendein Maß an Präzision einzuhalten, weil eine unlogische Erklärung kein Bestimmheit kennen müsste.
(Bildlizenz: Siehe unten)

Wenn die Möglichkeit des unlogischen Undenkbaren für möglich gehalten wird, müsste man bei jedem Naturgesetz darlegen und beweisen, warum gerade hier nichts Undenkbares im Spiel ist, um die Aussage vor der völligen Beliebigkeit zu schützen. Im Ergebnis wäre damit nicht einmal der Aussagegehalt auch nur eines einzigen Naturgesetzes haltbar.

Nehmen wir ein einfacheres Beispiel: Wir wissen, dass auf einem Billiardtisch die Kugeln beim Aufeinandertreffen in bestimmten Winkeln abgelenkt werden. Wenn wir jetzt jede unlogische Theorie als möglicherweise richtig gelten lassen, dann kann man sich beliebig ausdenken, was denn im Zeitpunkt des Aufeinandertreffens der Kugeln die Ablenkung verursacht, es muss jedenfalls nicht der Energieübertragung durch die Kugeln geschuldet sein: Letztendlich handelt es sich bei unserer Beobachtung, dass eine Kugel immer gerade im Zeitpunkt der Kollision mit einer anderen Kugel in Bewegung gesetzt wird um eine Schlussfolgerung, dass eben dieses Auftreffen die Bewegung der anderen Kugel bewirkt und nicht etwas anderes. Diese Schlussfolgerung setzt jedoch voraus, dass der Sachverhalt logisch verstehbar, d. h. auch vorstellbar ist, sie ist ohne diese Annahme jeder beliebigen Spekulation gleichwertig. Auch fiele ohne diese Grundannahme eine unlogische „Erklärung“ nicht zwangsläufig dem wissenschaftlichen Sparsamkeitsprinzip zum Opfer, weil sie auch beliebig einfach sein kann. Sie kann komplizierte Sachverhalte in eine Blackbox schieben und sich so einfach strukturieren, schließlich kann sie auf „Erklärungen“ im eigentlichen Sinne verzichten.  Man kann trotz einer Blackbox um diese herum wissenschaftliche Erklärungen abgeben oder Naturgesetze festhalten, es ist allerdings festzuhalten, dass wissenschaftliche Scharlatanerie vorliegt, wo eine Blackbox selbst als wissenschaftliche Erklärung im eigentlichen Sinne herhalten soll: Eine Blackbox erklärt nichts. 

Geradezu unmöglich würden Aussagen in Bereichen werden, in denen nur mit zwingenden Schlussfolgerungen gearbeitet wird: In den Bereichen, in denen nur mit zwingender Logik Aussagen über die Beschaffenheit der Realität getroffen werden können, müsste gesagt werden, dass diese Aussagen jeder beliebigen Spekulation gleichwertig sind. Aussagen in Bestimmten Bereichen, etwa zur Frage des Urknalls bzw. des Zeitpunktes davor können unter einer solchen Prämisse gar nicht mehr getroffen werden.

Die logische Konsistenz ist eine Grundvoraussetzung von Wissenschaft überhaupt. Zweifelt man dies an, wird Wissenschaft in der bisherigen Form unhaltbar und belanglos. Es handelt sich insofern um ein Axiom, allerdings um ein solches, für das genügend Erfahrungswerte sprechen (nämlich nahezu die gesamte Naturwissenschaft), um hier von einer vernünftigen Schlussfolgerung auszugehen. Den Zweifel an diesem Axiom als Bestandteil des eigenen Weltbildes aufzufassen und gleichzeitig Wissenschaft betreiben zu wollen, ist in letzter Konsequenz nicht möglich. Es gibt Menschen, die ihren Skeptizismus so weit betreiben: Als eine Form des falsch verstandenen Grundsatzes, dass jede wissenschaftliche Erkenntnis hinterfragt werden kann: Dies muss jedoch stets auf logisch konsistente Theorien und im Ergebnis auch praktische Anhaltspunkte gestützt werden - gibt man dies auf, so gibt man die gesamte Wissenschaft auf, weil dieses Axiom ein unbenannter Bestandteil eines jeden Naturgesetzes ist.
Was logisch beschreibbar ist, ist auch stets vorstellbar. Umgekehrt lässt sich auch sagen, dass nur das als vollständige Beschreibung eines realen Sachverhalts unvorstellbar ist, was logisch mangelhaft ist. Gibt man das Prinzip in Einzelbereichen auf, dass unsere Umwelt vollständig erklärbar und verstehbar ist, dann muss man auch begründen können, warum dieses Prinzip gerade im Bereich der Naturgesetze angenommen wird und weshalb es in den Ausnahmebereichen nicht gelten soll. Das selbe gilt, wenn man die Unerklärbarkeit oder Undenkbarkeit für möglich bzw. möglicherweise möglich hält.

Wenn man mangelnde Logik oder Vorstellbarkeit als Ausschlusskriterium für Nichtexistenz oder Unrichtigkeit einer Beschreibung aushebelt, ist das im Ergebnis wissenschaftlicher Anarchismus. Es spricht daher schon die Nützlichkeit der Denkbarkeit dafür, dies auch als zwingendes Kriterium für die Unterscheidung Real- nicht real beizubehalten.

Zudem findet die Behauptung, dass möglicherweise auch Undenkbares möglich ist, keinerlei Rückhalt in der erforschbaren Realität, wobei man das mit der Ablehnung von Logik natürlich auch gleich wieder aushebeln kann. Im Ergebnis ist die Annahme nicht lebensfähig...

Die Erfahrung zeigt, dass unsere Umwelt strukturell so beschaffen ist, dass sie grundsätzlich verstehbar ist, auch wenn wir sie mangels hinreichender Kenntnis keineswegs vollständig verstehen können. Es spricht einiges dafür, dass das gesamte Universum so beschaffen ist, wie der Bereich, den wir erforschen können. Auch liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass sich Energie nach Umwandlung in irgendeiner Weise tatsächlich unverstehbar verhalten könnte. Die Eigenschaft unserer Natur „Undenkbar“ als möglich oder möglicherweise möglich anzunehmen, setzt demgegenüber neben einer brauchbaren Theorie einen realen Anhaltspunkt voraus. Wie bereits zur Frage des Kausalprinzips gezeigt reichen als Anhaltspunkt unerforschte oder nur lückenhaft erforschte Bereiche nicht aus. Genaugenommen handelt es sich um die selbe Fragestellung. Von einer Theorie im eigentlichen Sinne kann man bei der Annahme der Möglichkeit der „grundsätzlichen Unerklärbarkeit“ nicht sprechen.

Anmerkung:
In diesem Abschnitt wurde der Begriff der „Möglichkeit“ unpräziese im Sinne der Unkenntnis der genauen Umstände verwendet, jedoch unter Einbeziehung der bekannten Rahmenbedingungen. Eigentlich ist der Begriff der Möglichkeit am ehesten dem Begriff des Zufalls vergleichbar, es wird unsere Unkenntnis bezüglich bestimmter Umstände damit zum Ausdruck gebracht: Tatsächlich ist es nach umfassender (deterministischer) Betrachtung so, dass jeder mögliche Zustand bei beliebig langer Zeit auch eintritt, sonst war er eben nicht möglich… Hier ging es aber auch um die Herangehensweise an den Einzelfall, so dass dieses Vertständnis hier nicht verwendet wurde.

Stand: 08. Oktober 2008


Möglichkeiten, Gedanken und das Geschehen im Determinismus

Es geschieht nur, was geschieht. Was nicht geschieht, das kann gedacht werden, aber es geschieht nicht. Alles Mögliche kann gedacht werden, obwohl aber nur das als möglich angesehen wird, was geschehen kann, weil nur geschieht, was geschieht. Wenn das Mögliche gedacht wird, geschieht es, allerdings nicht, weil es gedacht wurde: Wenn etwas nicht geschieht, kann es zwar gedacht werden, ist aber unmöglich, weil es nicht geschieht. Kurz: Das Unmögliche geschieht nicht und möglich ist nur, was auch tatsächlich geschieht - sonst wäre es nicht möglich. Denken kann man dagegen alles, was zu denken möglich ist - nur Undenkbares kann man unmöglich denken.
Karl-Friedrich Faust


10. November 2010

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Bildlizenz des „Irren“, Titel: „Allegorie des Triumphes der Venus, Detail“, Künstler: Angelo di Cosimo di Mariano, Fotograph: The Yorck Project: 10.000 Meisterwerke der Malerei. DVD-ROM, 2002. ISBN 3936122202. Distributed by DIRECTMEDIA Publishing GmbH, Quelle: Wikipedia, GenehmigungGNU Free Documentation License.