Drei Bestandteile einer Weltanschauung

 
Über die fragwürdige Vermischung unzusammenhängender Bereiche

1. Bereich der Vorstellung von der Welt, Maßstäbe der Wahrheitserkenntnis: Naturalismus
2. Moralisch/Ethischer Bereich: Menschenrechte, Strafrechtsnormen, weitere Grundregeln des friedlichen Zusammenlebens
3. Kultur, Kunst, Musik, Entwicklung des Menschen und der Menschheit, das Wesen des Menschen

In der Vergangenheit tauchten auch unter Naturalisten verwirrende Missverständnisse auf wegen mangelnder Trennung der oben genannten Bereiche.

Das Missverständnis in der Diskussion lag einerseits darin, was ein Weltbild zu umfassen hat: Nach Auffassung mehrerer Personen umfasst das Weltbild nicht nur die Erkenntnis der Welt, sondern auch eine der Religion vergleichbare subjektive Wertung im moralisch/ethischen Bereich und eine Anerkennung und ein „Ausleben“ metaphysischer und mystischer Elemente:

Die moralischen und emotionalen Elemente sind dabei allerdings streng zu trennen von der Frage, wie die wahre Welt zu erkennen ist, bzw. welche Maßstäbe an die Methoden zur Erkenntnis der Wirklichkeit gelegt werden: Letzteres betrifft den von der Natur vorgegebenen Bereich, von dem man als Naturalist sagt: Es geht alles mit rechten Dingen zu! Eben dieser Bereich ist aber in gewissem Sinne eiskalt, Erkenntnis  mit Rationalität, also mit der Wissenschaft und mit dem Verstand, sind Bereiche, die ansich so wenig emotional besetzt sind wie etwa die Mathematik.

Der Bereich der Moral und Ethik ist der Bereich der Gerechtigkeit, der Regeln des Zusammenlebens, die sich nach bestimmten Zielen der Gesellschaftsform richten, nach Toleranz oder Unterdrückung, nach Frieden oder Krieg, nach Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung

Der Bereich Nr. 3 aber ist der dem Wesen des Menschen wichtigste Bereich: Untrennbar verbunden mit dem Wesen des Menschen ist das Gefühl, die Emotion, nicht nur im Sinne körperlicher Wahrnehmung, sondern auch im Sinne des Selbstverständnisses, dass abweichend von Nr. 1 in aller Regel verzerrt ist und dies auch sein darf. Eben hierher gehört es, wenn sich etwa Richard Dawkins für die Vielfalt und Schönheit der Natur begeistert, die möglicherweise sogar Antrieb für sein Handeln im Bereich der Wissenschaft ist. Dieser Bereich beinhaltet wesentliche Ursachen des Antriebs allen menschlichen Handelns. Der Mensch kann im Sinne des Naturalismus erkennen, dass er ein Tier ist, ein Menschenaffe, aber er kann sich in einem Akt subjektiver Wertung und Verzerrung der Realität anders beurteilen und gefühlt anders verstehen. Er kann den freien Willen als solchen behandeln, weil er ihn so empfindet, unabhängig von naturalistischer Erkenntnis. Insofern kann eine Kluft bestehen zwischen der naturalistischen Realtität und dem gefühlten und subjektiv hochgehaltenen Selbstbild.

Zwischen den drei Bereichen besteht nur teilweise eine logische Verbindung, Kollisionen sind insbesondere zwischen Nr. 2 und Nr. 3 denkbar. Tatsächlich werden von den klassischen Weltanschauungen und Religionen die drei Bereiche im Paket quasi vorgegeben. Man kann nicht sagen, Christ zu sein, wenn man die ethisch moralischen Grundsätze des Christentums trägt, aber gleichzeitig ein naturalistisches Weltbild hat. Ein Atheist ist nach der illegitimen Verknüpfung der Bereiche 1. und 2. aus Sicht des Christentums stets „Böse“, das Leugnen der Gottheit eine „Sünde“.

-> Zum Konflickt von rationalen und emotionalen Bestandteilen