Wertekatalog
und die Ursachen von Ethik und Moral
I. Ursachen
Angeborenes
Geschaffenes
religiöse Begründung
Kants Trugschluss
II. Sinn und Unsinn eines Wertekatalogs
Jeder Mensch hat die Freiheit, für sich zu beurteilen, welches Handeln er für gut oder böse hält. Über die Frage, ob die Menschen eine festgeschriebene Ethik und Moral brauchen, bestehen geteilte Auffassungen. Die einen sind der Ansicht, dass es eines schriftlich niedergelegten Moralkatalogs bedarf, damit sich die Menschen moralisch und ethisch „gut“ verhalten. Viele meinen sogar, man müsse den Menschen einen solchen Katalog vorgeben, diesen quasi vorschreiben. Andere sind der Ansicht, dass dies überflüssig ist, soweit die Regelungen über die Gesetze hinaus gehen, an die sich wegen des faktischen Zwanges letztendlich auch derjenige halten muss, der die Gesetze im Ergebnis ablehnt.
I. Ursachen
Diese Beispiele betreffen allerdings weitgehend die Brutpflege, die Partnerwahl und die Vergeltungsstrategieen in einer Auseinandersetzung zweier streitender Tiere. Wer hier unterstellt, die gesamte menschliche Ethik beruhe auf den Genen, verkürzt die Sache extrem und wird Schwierigkeiten bekommen, bestimmte Unterschiede in Ethik und Moral innerhalb der Menschheit zu erklären. Die genetische Begründung lässt sich wohl nur zu einem kleinen Teil auf den Menschen übertragen, weil gravierendere Ursachen für das menschliche Verhalten außerhalb der genetischen Veranlagung liegen.
Die
angeborenen Verhaltensweisen sind dann auch letztendlich nicht
geeignet, Normen zu begründen. Die Normsetzung gegen diese
Veranlagungen allerdings ist wegen der damit verbundenen
Durchsetzungsschwierigkeiten und des daraus folgenden Zwanges im
Zweifel eher abzulehnen.
Bei den weltweit übereinstimmenden Werten liegt der Hauptzweck der Norm darin, die Nachteile des menschlichen Zusammenlebens innerhalb einer Zivilisation möglichst gering zu halten. Der Hauptanteil unserer Werte bezweckt, dass ein möglichst friedliches Zusammenleben innerhalb der Gesellschaft möglich ist. Niemand würde die Vorteile einer Gesellschaft in Anspruch nehmen wollen, in der jemand morden darf: Es ist nämlich kein Vorteil denkbar, der den Nachteil der Gefahr, ermordet zu werden, aufwiegen könnte. Die Werte haben demnach stets konkrete Zwecke, die sie erfüllen sollen. Vielfach wurden Werte auch dementsprechend abgeändert, wenn also ein Machthaber die eigene Macht erhalten oder er bestimmte Gesellschaftsschichten beherrscht werden wollte.
Gibt es also absolute Werte, ein absolutes Gutes oder Böses? Die Frage ist bereits beantwortet, denn der Wert ist stets abhängig von dem bestimmten Zweck, den er erfüllen soll. Je nach Interesse können demnach Gut und Böse anders ausfallen. Es handelt sich stets um eine Frage des Zwecks und auch der Perspektive, denn Gut und Böse sind auch subjektive Begriffe: Für den Menschen ist die Mücke böse, die ihn beim Schlafen stört, die ihn stechen und ihm sein Blut rauben will, die ihm einen juckenden Stich hinterlässt und ihn schlimmsten-falls mit Malaria infiziert. Für eine Mücke ist der Mensch das absolute Böse, wenn er mit Tötungsabsicht auf sie losgeht. (Man kann sich noch zahlreiche bessere Beispiele ausdenken).
Gelegentlich wird der Eindruck erweckt, als seien Werte und Normen ein Selbstzweck: Dies ist eine Illusion. Es ist allerdings so, dass die geordenete Zivilisation wichtig ist, um ein friedliches und vorteilhaftes Gemeinschaftsleben zu ermöglichen. Auch „schlechte“ Regeln können daher im Einzelfall als Ordnungsprinzip und zur Gewährung einer gewissen Gleichbehandlung besser sein, als gar keine Regeln.
(hier
zum
Artikel: ->
Begründung des Menschenwürdeschutzes)
Kants Trugschluss
Unter dem
Gesichtspunkt
der Relativität von Gut und Böse trifft der kantsche
kategorische Imperativ auch nur begrenzt zu: Dieser besagt, dass sich
der Mensch so verhalten soll, als ob es den christlichen Gott
gäbe, als ob es ein Leben nach dem Tode gäbe und als
ob der
Mensch frei wäre. Wenn er dies beherzigt, soll der Mensch nach
Kant gut handeln. Das setzt natürlich voraus, dass die durch
die Gottheit repräsentierten Werte
auch gut sind. Hält man z. B. das Töten von Menschen,
die man
für eine Hexe hält, für schlecht, so kann
dieser
Imperativ ebenso Schlechtes wie Gutes hervorbringen. Insofern geht es
also nicht um die Methode der Begründung durch einen Gott,
sondern
eher um den Inhalt!
Wer
meint, man könne Werte nur mit dem christlichen Gott
begründen, der sollte sich ansehen, ob der Gott in der
Vergangenheit geeignet war, diese Werte in entsprechender Form zu
begründen. Auch heute wird gerne auf den Christengott Bezug
genommen etwa zur Begründung der Menschenwürde, wie
jüngst wieder der ehemalige CSU-Generalsekretär
Heiner
Geisler dies in einer Talkshow getan hat.
Tatsächlich
haben sich die Menschenrechte
aber erst in der allerjüngsten Geschichte durchgesetzt und
waren
1000 Jahre zuvor auch nicht durch den Christengott zu
begründen:
Nicht nur, dass der Gottesglaube Mord und Totschlag nicht verhindert
hat, es wurden (und werden) sogar in unzähligen
Fällen die
Gottheiten für Krieg, Folter und Mord gerade als
Begründung
herangezogen. Im Originalwortlaut der zehn Gebote wird die Sklaverei
als Selbstverständlich vorausgesetzt, Meinungsfreiheit und
Religionsfreiheit sind der Bibel letztendlich fremd. Es gab
also
stets immer ganz andere Interessen, ganz
andere Wertungen, die unsere Normen bestimmt haben, als ein
unbeweisbarer Gott. (->
hier zum Artikel „Kants Gottesbeweis eines
Atheisten“)
Utilitarismus
Der
Utilitarismus (neulat. Nützlichkeitslehre) nimmt
an, dass jede
Norm auf ihren Sinn und Zweck zurück geführt werden
können muss. Nach dem Utilitaristen Bentham (1748-1832) ist
eine
Norm oder eine menschliche Handlung dann „gut“,
wenn sie
die Lust Fördert und den
Schmerz vermindert. Lust und Schmerz sind allgemein zu verstehen, im
Sinne von Wohlergehen und Leid. Auch ist nicht zwangsläufig
der
Kurzzeithedonismus gemeint. Auf Gesetze bezogen müsste dann
eine
Norm für eine möglichst große Anzahl von
Personen
lustfördernd und schmerz- mindernd sein. Diese
Herangehensweise
ist ein Grundgedanke, der keinen Wertekatalog liefert. Auch Bentham
ging in seinen einzelnen Überlegungen
selbstverständlich weit
darüber hinaus.
Auch wenn Bentahm den Schritt zu den Menschenrechten damit nicht geschafft hat, forderte er bereits aus dieser Herangehens- weise allgemeine Wahlen, das Frauenstimmrecht, die Abschaffung der Todesstrafe, Tierrechte, Pressefreiheit, Demokratie und Rechtsstaat.
Weitere Gedanken zum Thema finden sich auch im Blog des „Feuerbringers“
II. Sinn und Unsinn eines Wertekatalogs
Erst
nach diesen Gedanken vage ich eine Antwort auf die Frage, ob der Mensch
konkrete moralisch/ethische Vorgaben braucht:
Das wäre der Fall,
wenn der Mensch ansonsten nicht in der Lage wäre,
überhaupt
ein Ziel zu formulieren und wenn bestimmte Menschen im Gegensatz zum
Durchschnittsmenschen besser hierzu in der Lage wären. Es ist
allerdings so, dass einige Menschen glauben, dies besser zu
können, obwohl sie die tatsächliche Ursache ihrer
eigenen
Wertung nicht erkennen und weil sie demnach irrtümlich ihre
eigene
Wertung für absolut halten, obwohl es sich lediglich um ihr
eigenes Interesse handelt.
Es ist dann auch
tatsächlich so, dass jeder Mensch Wertungen von Gut und
Böse
mit sich herumträgt und auch völlig neue Sachverhalte
sekundenschnell in diese Kategorien einordnen kann, auch ohne einen
konkreten Wertekatalog zu haben oder diesen bezeichnen zu
können.
Lichtenbergs Ausspruch trifft es recht gut: „Tugend
aus
Vorsatz taugt nicht viel. Gefühl und Gewohnheit ist das
Ding“. Auch
bei den Christen ist es übrigens so, dass nur die Wenigsten
die Bibel überhaupt durchgelesen haben und demnach
überhaupt
benennen könnten, welche Werte sie da überhaupt
gutheißen. Auch in der Politik ist mit „christlichen
Werten“ normalerweise nicht das gemeint, was in der Bibel
steht.
Bei denjenigen, die einen Wertekatalog für sich in
Anspruch nehmen, ist es häufig so, dass sie den eigenen
Wertekatalog im Laufe des Lebens verwerfen oder sich selbst nicht daran
halten.
Es bleibt
also das Fazit,
dass der Mensch einen Wertekatalog nicht benötigt und dass der
Menschheit am meisten gedient ist, wenn man mit dem Einzelfall
argumentiert oder einzelne Werte einfordert und diese mit ihrem Zweck
begründet. Mit dem pauschalen Ruf nach „christlichen
Werten“ ist niemandem gedient. Nur der wahre Zweck und die
Eignung einer Norm zur Erreichung dieses Ziels kann andere Menschen
dann auch
überzeugen. Jeder Einzelne sollte sich vorsehen vor Menschen,
die anderen den eigenen Wertekatalog aufzwingen wollen, sie dazu
überreden wollen, weil diese Menschen in aller Regel den Wald
vor
lauter Bäumen nicht sehen oder diesen eigenen Wertekatalog
gezielt
einsetzen, um gesellschaftliche Macht auszuüben.
Häufig
missachten diese Menschen gerade die Freiheitsrechte anderer, indem sie
deren Interessen bewusst oder unbewusst missachten. Ein Katalog, in dem
dann alles „gut“ und alles
andere „schlecht/böse“ sein soll,
ist dann
bereits ein Indiz für diese Missachtung.
Auf wesentliche Gedanken aus folgenden Artikel des hpd wird hier als weiterführende Literatur verwiesen sowie auf diese Überlegungen.
III. Allgemeiner Teil der menschlichen Moral